Römisches Stadtviertel
In nur knapp 45 Minuten haben wir unser 1. Ziel für heute erreicht. Das Legionslager Petronell-Carnuntum wurde vom 1. bis ins 4. Jhdt. genutzt und diente zuerst dem Schutz des oberpannonischen Limes, bis es ab etwa dem 2. Jhdt. mit dem Bau der Zivilstadt Carnuntum auch ein Verwaltungsmittelpunkt der Provinz Oberpannonien mit rund 50.000 Einwohnern wurde.
Das Freilichtmuseum wurde basierend auf archäologischen Ausgrabungen und den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Handwerkstechnik in der Römerzeit gestaltet. Experimentelle Archäologie versucht, möglichst entsprechend der (römischen) Funktion der Gebäude, der damaligen Raumnutzung und Innenausstattung zu bauen – so wurden in den Gebäuden teilweise Fußbodenheizungen nach römischem Vorbild erreichtet, welche auch funktionieren.
Wir beginnen unseren Besuch im „Römischen Stadtviertel“. Der Eingangsbereich erinnert an ein internationales Freilichtmuseum, modern und ansprechend. Wir folgen den Beispielen von römischen Grabsteinen in einen Raum, in dem ein kurzes Einführungsvideo gezeigt wird. Danach geht es ins Freie, in den eigentlichen Ausgrabungsbereich.
Besonders spannend fanden wir übrigens die Carnuntum App, die augmented reality verwendet, um an vielen Punkten im Bereich des römischem Stadtviertels, aber auch in den anderen Ausgrabungsorten die antike Bauten virtuell wiedererstehen zu lassen. Link zur IPhone App.
Haus des Ölhändlers
Wir sind ganz alleine im Haus des Ölhändlers, jenem Haus, das als bisher letztes gestaltet wurde. Das Gebäude kombiniert ein Geschäftslokal mit dem Wohngebäude des Inhabers. Ein römischer Ölhändler war sicher in jeder Legion zu finden. Neben Wein war Olivenöl ein gefragtes Importprodukt, da es einerseits zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln gehörte, aber auch für die Körperpflege und als Lampenbrennstoff verwendet wurde.
Das Geschäftslokal besitzt neben einer Theke für den Straßenverkauf auch einen Lager- und Verkaufsraum. An Hand der Gestaltung des Hauses lässt sich der Wohlstand seines Besitzers gut nachvollziehen.
Haus 4 – domus quarta
Im Haus 4 (domus quarta auf lateinisch) befindet sich das einzige am Originalstandort erhaltene Fußbodenmosaik in Carnuntum. Um den erhaltenen Mosaikfußboden präsentieren zu können, wurde das Mosaik entnommen, restauriert und zur dauerhaften Sicherung in ein neues Trägermaterial gebettet. Nach Abschluss der Arbeiten ist das Mosaik nun wieder am ursprünglichen Standort zu sehen.
Haus des Lucius
Auch das nächste Haus ist beeindruckend gut ausgestattet. Glaubt man einer Inschrift, die bei früheren archäologischen Untersuchungen vor Ort gefunden wurde, könnt es Lucius Maticeius Clemens gehört haben. Das Haus des Lucius war das erste Objekt, das in Carnuntum wiedererrichtet wurde. Das Haus wurde entsprechend dem gehobenen Lebensstandard der Mittelschicht gestaltet: eine Küche mit Herd, ein Wohnraum mit Fußbodenheizung und eine Schreibstube spiegeln den Alltag der Bewohner wieder.
Villa Urbana
Wie alle anderen Gebäude ist auch die Villa Urbana mit viel Liebe zum Detail gestaltet. So werden echte Lebensmittel und Pflanzen verwendet, um die Räume zum Leben zu erwecken. Das Stadtpalais zeigt den Lebensstil der Oberschicht – und der offensichtliche Wohlstand beeindruckt. Bereits der von Säulen flankierte Treppenaufgang zum Eingang lässt den Status des Besitzers erahnen. Dieser Eindruck setzt sich im Inneren mit den prunkvollen öffentlichen Repräsentationsbereichen mit ihren aufwändigen Wandmalereien fort. Besonders schön sind auch die zahlreichen Innenhöfe und der rote bzw. blaue Raum.
Römische Therme
Den Abschluss unseres Besuches bildet der größte Gebäudekomplex des Freilichtmuseums: Die römische Therme. Hier wurden alle Bereiche einer typisch römischen Thermenanlage nachgebildet. Es handelt sich um die weltweit einzige römische Therme, die voll funktionsfähig am Originalstandort in antiker Bautechnik errichtet wurde. Zuerst gelangt man in die basilika thermarum, dem zentralen Versammlungsraum der Therme. Die türkise Kuppel und die Deckenmalerei, genauso wie die Sitzgelegenheiten beeindrucken.
Dank der Rekonstruktion der römischen Fußbodenheizung sind die unterschiedlich temperierten Räumen – fridiarium, tepidarium, caldarium – gut zu erkennen. Im caldarium ist es wirklich sehr warm und auf der beheizen Liegefläche kann man sich wie ein echter Römer vorkommen. Natürlich dürfen auch hier Versorgungsbereiche, wie z.B. eine großzügige Küche, nicht fehlen.
Die Zeit ist schnell vergangen und so entscheiden wir uns vor den nächsten Stationen eine kurze Mittagspause im Restaurant Forum Culinarium der Römerstadt einzulegen. Wir werden von einem netten Blick auf die Ausgrabungen, freundlichem Service und überzeugender Qualität der Speisen und Getränke überrascht. Für uns eine Empfehlung und keine österreichische Touristenfalle.
Amphitheater von Carnuntum
Im Eintritt zum Museum ist auch der Besuch der beiden Amphitheater von Carnuntum inkludiert. Das Amphitheater der Zivilstadt außerhalb der Stadtmauern wurde Ende des 2. Jhdt. errichtet. Die Arena war beiderseits der Tore von 25 Meter breiten Tribünen umgeben, die etwa 13.000 Besuchern Platz boten. Der kurze Spaziergang zum Amphitheater führt durch Felder auf einem gut ausgebauten Weg. Leider finden wir die Anlage nicht beeindruckend, zu viel ist durch Erde verdeckt und die Carnuntum App, die die Zuschauerränge des Amphitheaters zeigen soll, funktioniert hier nicht. So bleibt unser Aufenthalt hier sehr kurz.
Weiter geht es mit dem Auto ein paar Kilometer weiter zum Amphitheater der Militärstadt. Hier wird unsere Eintrittskarte das erste Mal kontrolliert – die Mitarbeiter sind übrigens alle sehr, sehr freundlich. Dieses Amphitheater wurde ebenfalls im 2. Jhdt. erbaut, allerdings wurden die Tribünen aus Stein errichtet und das Amphitheater war etwas kleiner (ca. 8.000 Besucher). Auch dieser Teil des Museums ist schnell – aber in aller Ruhe auf Grund der geringen Besucher – besichtigt.
Heidentor
Natürlich darf ein Abstecher zum Heidentor, einem ursprünglichen Triumphbogen vor den Mauern der Zivilstadt von Carnuntum, nicht fehlen. Man vermutet, dass – im Gegensatz zu heute – ein Durchgang durch den Bogen nicht möglich war. Das Heidentor war vermutlich ein Monument mit doppelten Durchgängen über vier Pfeilern mit einer Seitenlänge von 14,5 Metern. Auch hier klappt es leider nicht, das ursprüngliche Aussehen des Heidentors mit der Carnuntum App zu sehen.
Museum Carnuntinum
Zum Abschluss fahren wir nach Bad Deutsch-Altenburg zum Museum Carnuntinum. In der nachgebauten römische Landvilla werden die wertvollsten Stücke langjährigen Ausgrabungsarbeiten in Petronell-Carnuntum gezeigt. Das Gebäude selbst wurde von den angesehensten Architekten der ausgehenden K.u.K. Monarchie geplant und gebaut und im Jahr 1904 durch Kaiser Franz Josef I. persönlich eröffnet. Die aktuelle Ausstellung „Der Adler Roms – Carnuntum und die Armee der Cäsaren“ zeigt die neuesten Forschungsergebnisse zur Siedlungsentwicklung von Carnuntum und zum Leben in der römischen Armee. Anhand von Zitaten und zahlreichen Fundstücken wird das Leben römischer Soldaten erlebbar gemacht. Die kleine Ausstellung kann man in ca. 45 Minuten besichtigen.
Römerstadt Carnuntum
Homepage
Eintritt € 12,00 pro Person